LVR-Amt für
Bodendenkmalpflege
im Rheinland
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Tüllenkanne Pingsdorfer Machart, um 1200, Fundort Brauweiler (Foto: Alfred Schuler, LVR-ABR)

Archäologie
im Rheinland

Düngten schon steinzeitliche Bauern ihre Felder mit Mist?

Studie der Universität Bonn mit Unterstützung der LVR-Bodendenkmalpflege

Pressemitteilung – Bonn, 8. September 2014

Menschliche Aktivitäten üben seit der Jungsteinzeit (Neolithikum), also seit 7.500 Jahren, einen Einfluss auf die Landschaft und auf die chemischen Eigenschaften der betroffenen Böden aus. Anhand von Oberbodenmaterial aus dem Neolithikum, dass in archäologischen Gruben tief begraben war und so erhalten werden konnte, war es möglich, chemische Veränderungen mithilfe geochemischer Methoden zu rekonstruieren. Franziska Lauer und Katharina Prost von der Universität Bonn (Deutschland) stellten gemeinsam mit ihren Kollegen aus Bonn und Aachen (Deutschland) sowie dem LVR-Amt für Bodendenkmalpflege im Rheinland ihre Forschungsergebnisse am 2. September 2014 in der renommierten open access Zeitschrift PLOS ONE vor.

Die Studie beschäftigt sich mit dem Nährstoff-Status in vorgeschichtlichen Ackerböden sowie potentiellen Düngungspraktiken in der Niederrheinischen Bucht (Rheinland). Dafür wurden damaliger Oberboden aus neolithischen Schlitzgruben (ca. 6.400 bis 4.200 Jahre alt) untersucht. Diese länglich schmalen, im Profil schlitzförmigen und tiefen Gruben, die sich außerhalb ehemaliger Siedlungen aber innerhalb des genutzten Landes befanden, wurden oft nur kurz offengelassen und anschließend mit dem damaligen Oberbodenmaterial verfüllt. Bislang konnte in diesen begrabenen, neolithischen Ackerhorizonten mit Hilfe geochemischer Analysen (z. B. der Bestimmung von Nährstoffgehalten wie Phosphor) keine Verschlechterung der Bodenfruchtbarkeit festgestellt werden. Dies hatte bereits erstaunt, da jahrelanger Ackerbau und der damit verbundene Entzug von Nährstoffen durch die Feldfrüchte eigentlich zu einer Abnahme der Nährstoffvorräte des Bodens und damit zu einer Abnahme der Bodenfruchtbarkeit hätte führen müssen. Aus diesem Grund stellt sich die Frage, ob nicht schon die frühen Ackerbauern die Bodenfruchtbarkeit ihrer Felder mit dem Düngen von Mist erhalten haben. Es fanden sich nun in den alten Bodenresten mithilfe von chemischen Markern Hinweise auf die Möglichkeit einer solchen Düngepraxis: spezielle Steroide (v.a. Gallensäuren), die mit Fäkalien in die Umwelt gelangen und über Jahre im Boden überdauern, sind auch heute noch in hohen Konzentrationen in den Grubenfüllungen vorhanden, fehlen aber außerhalb der Grubenränder weitgehend. Allem Anschein nach haben bereits frühsteinzeitliche Bauern ihre Felder mit Mist oder anderen organischen Exkrementen bewirtschaftet, wodurch eine frühe Bodendegradation vermieden wurde. Ob diese Düngung intentionell oder durch ein Beweiden der Felder nach der Ernte geschah bleibt unklar. Der positive Effekt ist aber bis heute im Labor messbar. Solche molekularen Artefakte liefern der Archäologie daher neue, wertvolle Indizien zur Umwelt der frühen Bauernkulturen.

Zwei Bonner Einrichtungen sind an der Studie beteiligt. Die Bereitstellung der Bodenrelikte und die geoarchäologische Expertise erfolgte durch Renate Gerlach vom LVR-Amt für Bodendenkmalpflege im Rheinland und die chemischen Analysen der Bodenproben erfolgten am INRES-Bodenwissenschaften der Universität Bonn (AG Lehndorff/Amelung) durch Franziska Lauer und Katharina Prost.


Kontakt:

Dr. Renate Gerlach, LVR-Amt für Bodendenkmalpflege im Rheinland, Renate.Gerlach@lvr.de

Dr. Franziska Lauer, Institut für Nutzpflanzenwissenschaften und Ressourcenschutz, Bodenwissenschaften und Bodenökologie, Universität Bonn, flauer@uni-bonn.de

Katharina Prost, Institut für Nutzpflanzenwissenschaften und Ressourcenschutz, Bodenwissenschaften und Bodenökologie, Universität Bonn, kprost@uni-bonn.de

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